Es war mein erster Urlaub in Italien. Zumindest mein erster richtiger. Denn den Trip nach Venedig zur Biennale während des Kunst-Studiums oder das Wochenende zum Rom-Sightseeing kann man genauso wenig als richtigen Italien-Urlaub bezeichnen wie meine Schülerfreizeit mit dem Bus nach Rimini. Eine Fahrt mit dem Cinquecento durch die Toskana - zwischen Weinberg und Agritourismo - DAS ist Italien. ;)
Der Urlaub beginnt eigentlich schon zu Hause, wenn man erzählen kann, dass man gebucht hat. Denn jeder hat eine Meinung zur Toskana, jeder weiß, dass es dort romantisch, rustikal und lecker ist. Man hört Tipps von urigen Bauernhöfen, süffigen Weinstraßen und uralten Städtchen. Ich mag diese "vor dem Urlaub Unterhaltungen". Ich liebe es, darüber zu spekulieren, wie es in einem Land wohl ist und was man dort isst. Besonders schön ist es, wenn sich vor Ort dann alles als ganz anders oder sogar besser heraus stellt.
Mein total subjektives Italien
Das Essen
Ich war mir sicher: Die Toskana ist die Region des Schlemmens, der Pasta, des Rotweins. Überall schmeckt es fabelhaft, die Mammamia steht immer persönlich hinterm Herd und im Gastraum bestellt man immer vier Gänge. Mindestens.
Wir haben also gleich bei unserem ersten Restaurant-Besuch brav vier Gänge bestellt. Einen großen toskanischen Schinken-Teller und Pecorino-Soufflé dann Trüffel-Ravioli und Pasta mit Wildschwein-Ragout (langsam war man schon pappsatt) dann folgten regionales, rosa gebratenes Rind und zum Abschluss Pistazieneis und Espresso.
Tatsächlich waren wir dann im ganzen Lokal die einzigen, die wiklich alle Gänge bestellten. Dass Italiener immer ein großes Menü bestellen, ist nämlich genauso wahr, wie dass man in Berlin immer nur Buletten und Mischgemüse isst.
Überhaupt schmeckt es in Italien gewiss nicht überall. In touristischen Gegenden ist das Essen oft herzlos und fad. Man muss suchen, bis man einen hochwertigen und am besten wirklich familiengeführten Betrieb gefunden hat, der mehr als Nudeln mit Ragout und Pizza Napoli serviert.
Aber einmal an solch einem Ort angekommen, kann die Völlerei beginnen. Ich empfehle gebratene Leber auf Crostini und Melanzane, dann Picci, das sind meist hausgemachte dicke Spaghetti, die in den guten Lokalen mit frischen Steinpilzen serviert werden, danach ein Bistecca alla fiorentina (T-Bone Steak vom Grill) und am Ende Gelato mit Salbei und Olivenöl. Café ist ohnehin obligatorisch. Wenn man ganz viel Glück hat, wird man vom Hausherr der Trattoria Vallerana sogar zum privaten Nudelkochkurs eingeladen und darf bei der Tagesproduktion mithelfen. Aber das wird ein ganz eigener Blog-Eintrag...
Obwohl fast an jedem Hügel dicke Trauben-Reben stehen, spielt der Wein eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Selten wurde uns im Lokal ein spezieller Wein empfohlen. Ein günstiger Hauswein (meist nur zwei oder drei Euro pro 1/4 Liter) hingegen ist Standard. Aber da wir eh meist mit dem Auto unterwegs waren, hat ein Quarto Chianti auch völlig ausgereicht.
Ein großes Highlight für mich waren die vielen wilden Früchte. Überall wachsen Feigen, Pfirsiche und Brombeeren zum Selbstbedienen. Und wenn niemand hinsieht, darf man sich auch eine angeditschte Wassermelone vom Feld nehmen...
Das Baden
Was ich vorher nicht wusste und wovon mir auch niemand berichtet hatte: Die Toskana hat die schönsten, wärmsten und stinkigsten Thermalquellen meiner Welt. Aus den Bergen bei Bagno Vignoni sprudelt 40 Grad warmes Schwefelwasser, man sitzt in dampfenden Schlammbecken, unter lauen Wasserfällen oder zwischen weißen, heißen Felsen. Insgesamt war das neben Trüffelpasta und Slowfood-Schinken das absolute Highlight der Reise!
Wer zum Strand-Urlaub in die Toskana fährt, muss Geduld oder Toleranz mitbringen. Geduld wenn man einsame, ruhige Sandstrände finden möchte, Toleranz wenn man zwischen Menschen und auf Steinen liegen will. Auf der Insel Giglio zum Beispiel gibt es von oben malerische anmutende Buchten wie die Cala Piccola, die sich unten angekommen als mit bunten Handtüchern bedeckt und supersteinig heraus stellen. Im klaren Wasser zu Baden oder Schnorcheln fetzt trotzdem!
Das Übernachten
Überall in der Toskana gibt es Agritoursmi. Das sind kleinere oder größere Bauernhöfe, die putzige Zimmer zum übernachten anbieten. Vor dem Urlaub habe ich das Internet stundenlang nach dem schönsten Hof mit den nettesten Gastgebern durchsucht. Im Nachhinein bin ich sicher, die sind alle schön.
Ich habe selten so viel Gastfreudschaft erfahren, wie auf den Höfen in denen wir einkehrten. Obwohl man sich nur mit Händen und Füßen verständigen kann, denn natürlich spricht dort niemand Englisch oder gar Deutsch, wird man liebevoll umsorgt. Beim Aussteigen aus dem Auto wird man vom Haushund Schwanz wedelnd gegrüßt, zur Ankunft bekommt man Wein und Weintrauben vom eigenen Hang, Abends kocht die Mama des Besitzers, der wiederum noch eine extra Portion Trüffel über die Nudeln hobelt, alternativ werden Insider Restaurant-Tipps für die Umgebung verraten.
Ich werde ganz bestimmt zurück kommen in die Toskana. Dann will ich die tausenden Sonnenblumen strahlen sehen, denn die waren alle leider schon verblüht...